Nachdem sich einer seiner Schüler eines ernsten Vergehens schuldig gemacht hatte, erwarteten alle, dass der Meister ihn exemplarisch bestrafen würde. Als ein voller Monat vorüber war, ohne dass er etwas getan hatte, machten sie dem Meister Vorwürfe: „Wir können nicht übersehen, was passiert ist. Schließlich hat uns Gott Augen gegeben.“ „Ja“, erwiderte der Meister, „und Augenlider.“
Aus dem systemischen Leben
„Man sollte sich nie in eine Hypothese verlieben, geschweige denn, sie heiraten, bestenfalls einmal mit ihr Essen gehen.“
– gehört von Rainer Schwing
„Vorurteile sind ein Strauß, den man wenigstens von Zeit zu Zeit neu arrangierten sollte.“
– Unbekannt
„Wer nicht überzeugen kann, sollte wenigstens Verwirrung stiften.“
– Unbekannt
„Ich werde nicht die Lösung haben, aber wir werden uns annähern.“
– gehört von Ruth Heise
Es fällt kein Meister vom Himmel
Ein Zauberkünstler führte am Hofe des Sultans seine Kunst vor und begeisterte seine Zuschauer. Der Sultan selbst war außer sich vor Bewunderung: „Gott, stehe mir bei, welch Wunder, welch ein Genie.“ Sein Wesir gab zu bedenken: „Hoheit, kein Meister fällt vom Himmel. Die Kunst des Zauberns ist die Folge seines Fleißes und seiner Übungen.“
Der Sultan runzelte die Stirn. Der Widerspruch seines Wesirs hatte ihm die Freude an den Zauberkunststücken verdorben. „Du undankbarer Mensch. Wie kannst du behaupten, dass solche Fertigkeiten durch Übung kommen? Es ist, wie ich sage. Entweder man hat das Talent oder man hat es nicht.“ Abschätzend blickte er seinen Wesir an und rief: „Du hast es jedenfalls nicht. Ab mit dir in den Kerker. Dort kannst du über meine Worte nachdenken. Damit du nicht so einsam bist und du deinesgleichen um dich hast, bekommst du ein Kalb als Kerkergenossen.“
Vom ersten Tag seiner Kerkerzeit an übte der Wesir, das Kalb hochzuheben und trug es jeden Tag über die Treppen seines Kerkerturmes. Die Monate vergingen. Aus dem Kalb wurde ein mächtiger Stier und mit jedem Tag der Übung wuchsen die Kräfte des Wesirs.
Eines Tages erinnerte sich der Sultan an seinen Gefangenen. Er ließ ihn zu sich holen. Bei seinem Anblick überwältigte ihn das Staunen. „Gott, steh mir bei, welch ein Wunder, welch ein Genie!“ Der Wesir, der mit ausgestreckten Armen den Stier trug, antwortete mit den gleichen Worten wie damals: „Hoheit, kein Meister fällt vom Himmel. Dieses Tier hattest du mir in deiner Gnade mitgegeben. Meine Kraft ist eine Folge meines Fleißes und meiner Übungen.“
Quelle: Nossrat Peseschkian
Schatz des Wissens
Der Traktor eines Bauern lief nicht mehr. Alle Versuche des Bauern und seiner Freunde, das Fahrzeug zu reparieren, misslangen. Schließlich rang sich der Bauer durch, einen Fachmann herbeiholen zu lassen…
Der Traktor eines Bauern lief nicht mehr. Alle Versuche des Bauern und seiner Freunde, das Fahrzeug zu reparieren, misslangen. Schließlich rang sich der Bauer durch, einen Fachmann herbeiholen zu lassen. Dieser schaute sich den Traktor an, betätigte den Anlasser, hob die Motorhaube an und beobachtete alles ganz genau. Schließlich nahm er einen Hammer. Mit einem einzigen Hammerschlag an einer bestimmten Stelle des Motors machte er ihn wieder funktionsfähig. Der Motor tuckerte, als wäre er nie kaputt gewesen. Als der Fachmann dem Bauern die Rechnung gab, war dieser erstaunt und ärgerlich: „Was, du willst fünfzig Tuman, wo du nur einen Hammerschlag getan hast!“. „Lieber Freund“, sagte da der Fachmann. „Für den Hammerschlag berechnete ich nur einen Tuman. Neunundvierzig Tuman aber muss ich für mein Wissen verlangen, wo dieser Schlag zu erfolgen hatte.“
Quelle: Peseschkian, Nossrat: Der Kaufmann und der Papagei 1979
Der Traum
Ein orientalischer König hatte einen beängstigenden Traum. Er träumte, dass ihm alle Zähne, einer nach dem anderen, ausfielen. Beunruhigt rief er seinen Traumdeuter herbei. Dieser hörte sich den Traum sorgenvoll an und eröffnete dem König: …
Ein orientalischer König hatte einen beängstigenden Traum. Er träumte, dass ihm alle seine Zähne, einer nach anderen, ausfielen. Beunruhigt rief er seinen Traumdeuter herbei. Dieser hörte sich den Traum sorgenvoll an und eröffnete dem König: „Ich muss dir eine traurige Mitteilung machen. Du wirst genau wie deine Zähne alle Angehörigen, einen nach dem anderen, verlieren.“
Die Deutung erregte den Zorn des Königs. Er ließ den Traumdeuter in den Kerker werfen. Dann ließ er einen anderen Traumdeuter kommen. Der hörte sich den Traum an und sagte: „Ich bin glücklich, dir eine freudige Mitteilung machen zu können. Du wirst älter werden als alle deine Angehörigen, du wirst sie überleben.“ Der König war erfreut und belohnte ihn reich.
Die Höflinge wunderten sich darüber: „Du hast doch eigentlich nichts anderes gesagt als dein armer Vorgänger. Aber wieso traf ihn die Strafe, während du belohnt wurdest?“, fragten sie. Der Traumdeuter antwortete: „Wir haben beide den Traum gleich gedeutet. Aber es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch wie man es sagt.“.
Dr. med. N. Peseschkian

